Technologien, die die Welt verändern 2 – 3D-Druck

3D-Druck hört sich wenig spektakulär an. Ungefähr wie „jetzt drucken wir eben nicht nur Buchstaben auf Papier, sondern wir drucken auch Sachen.“ Tatsächlich kann man die Revolution durch 3D-Druck aber mit der Erfindung des Buchdrucks vergleichen. Erst der Buchdruck ermöglichte die massenhafte Verbreitung von Informationen und Bildung für alle. Ohne Buchdruck wäre eine moderne Welt nicht möglich geworden. Aber kann man 3D-Druck damit auf eine Stufe stellen?

Man kann! Denn 3D-Druck verändert unsere Art, wie wir etwas konstruieren, von Grund auf.

Von der Steinzeit bis heute hat sich die Art unseres Konstruierens im Grundsatz kaum verändert. Unsere frühen Vorfahren haben einen Stein zu einer Spitze geformt und mit einem Stab kombiniert. Das war dann ein Speer oder ein Pfeil. Nicht viel anders geht es heute beim Bau eines Autos zu: Man formt einzelne Teile und kombiniert sie. Natürlich sind es mehr Teile (etwa 10.000), die man auf unterschiedlichste Arten verbindet, indem man klebt, schraubt, schweißt, … Aber das Grundprinzip ist unverändert.

Bionische Formen

3D-Druck macht es möglich, komplexe Körper zu formen, die dazu noch eine innere Struktur besitzen. Bionische Formen sind möglich, die die Natur zum Vorbild haben und die durch Millionen von Jahren der Evolution optimiert worden sind. So kann man trotz reduzierten Materialverbrauch eine höhere Stabilität erreichen. Oder man druckt Turbinenschaufeln mit inneren Röhren, durch die die Schaufeln gekühlt werden können. Das ist mit herkömmlichen Verfahren so gar nicht möglich.

Dass es beim 3D-Druck tatsächlich um ein neues Prinzip geht, sieht man an der Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten. Flugzeugteile oder Turnschuhe sind heute schon genauso möglich wie Prothesen. An vielen Stellen der Welt werden ganze Häuser gedruckt, was wir in Deutschland wohl erstmal nicht erleben werden, weil unsere bürokratischen Bauvorschriften da einfach nicht mitkommen. Aber vielleicht profitieren wir bald von gedruckten Organen. Ein Labor in Tel Aviv hat bereits ein Mini-Herz vorgestellt. Auf dem Weg zu „richtigen“ Organen gibt es noch Hindernisse zu beseitigen, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Ein großer Vorteil ist, dass man Organe maßgeschneidert nach Bedarf drucken kann, wie man es bei Prothesen schon tut. Vielleicht sogar aus Zellen des eigenen Körpers, sodass man keine Abstoßungsreaktion befürchten muss.

Produktionsmenge 1

Hier sind wir bei einem weiteren Vorteil des 3D-Drucks: Es lohnt sich die Produktionsmenge 1. Bisher müssen Produkte in großen Stückzahlen hergestellt werden, um für normale Menschen erschwinglich zu sein. Das gilt nicht mehr. 3D-Druck macht es möglich, ein einzelnes Ersatzteil herzustellen oder einen individualisierten Turnschuh. 3D-Druck wird die Welt individueller machen. Und die Globalisierung verändern.

Produziert wurde (und wird) bisher dort, wo die Arbeitskraft am günstigsten ist. Das war lange Zeit in China so, bis Vietnam, Bangladesh und andere Länder noch günstiger waren. In der Folge flossen gewaltige Warenströme um den Globis. Zunehmender Einsatz von Robotern und immer schnellere 3D-Drucker ändern das. Für ein Unternehmen hat es dann nur Nachteile, wenn die Herstellung am anderen Ende der Welt geschieht. Transportkosten fallen dadurch genauso weg wie die dazugehörende Umweltbelastung. Gleichzeitig entsteht kaum noch Abfall, weil man nur die Materialmenge verwendet, die man tatsächlich braucht.

Tod der Handelsbilanz

Aber es macht es für die Politiker schwierig. Wir kennen doch den starren Blick gewisser Leute auf die Handelsbilanz. Der 3D-Druck macht sie noch wertloser, als sie jetzt schon ist. (Sie ist heute bereits kaum noch etwas wert, weil die eigentlichen Schätze des digitalen Zeitalters nicht berücksichtigt werden: Daten. Wie viele Daten schöpfen Google, Facebook und Co. ab, ohne dass sie in einer Bilanz auftauchen?) Jetzt betrifft dieses Manko auch noch Gegenstände. Denn wie soll man den Wert einer Datei beziffern, die man um den Globus schickt und aus der dann Tausende Produkte gedruckt werden? Volkswirte werden ihre Rechenmodelle anpassen oder einmotten müssen, aber noch gravierender ist:

Wir werden manche Produkte nicht mehr verstehen.

Im Eingangsartikel habe ich geschrieben, dass man die Technologien, die die Welt verändern, kombinieren kann – was die Auswirkungen massiv erhöht. Kombinieren wir 3D-Druck nur einmal mit KI. Erinnern Sie sich noch daran, wie eine KI den GO-Weltmeister geschlagen hat? Sie hat Züge getan, auf die ein Mensch nicht gekommen wäre – und deren Sinn man erst sehr viel später verstanden hat. Genauso kann eine KI beispielsweise einen Wärmetauscher mit einer inneren Struktur konstruieren, auf die kein Ingenieur gekommen wäre. Und bei der man nicht einmal weiß, warum sie so ist, wie sie ist. Wir werden Dinge in der Hand halten, die besser sind als alles zuvor, aber wir werden nicht mehr wissen, warum. Mit 3D-Druck und KI wird unsere Welt eine andere werden.

Eine Siedlung auf dem Mars.

Aber noch ein Blick auf weitere Möglichkeiten. Unsere Bestrebungen, in den Weltraum aufzubrechen und andere Planeten zu besiedeln, wird erst durch 3D-Druck realistisch. In einer Marssiedlung ist jedes Bauteil lebenswichtig. Man kann sich nicht auf Improvisationen verlassen, wie sie in dem Film „Marsianer“ so schön funktionieren. Aber man kann ein ausgefallenes Teil nicht einfach bestellen. Bei einer Lieferzeit von mehr als einem Jahr, könnte das viele Menschenleben kosten. Es ist aber auch unmöglich, alle relevanten Teile mehrfach als Ersatz mitzunehmen. Ein 3D-Drucker, mit dem man sich die benötigten Ersatzteile und Werkzeuge (!) in Minuten drucken kann, ändert alles. Er öffnet das Tor in die Zukunft.

Und noch etwas weiter in die Zukunft gedacht: Schon vor Jahren hat IBM einen Schriftzug präsentiert, der den Firmennamen nur aus Atomen darstellt. Eine Meisterleistung mit einem sehr aufwendigen Verfahren mittels eines Rastertunnelmikroskops. Hier wurden einzelne Atome präzise platziert. Der kleinste mögliche Pixel, wenn man so will. Wenn man sich vorstellt, dass man einen „Drucker“ konstruiert, der auf atomarer Basis arbeitet, sind Nanomaschinen nicht mehr weit – und die Folgen werden unsere Welt noch mehr verändern.

3D-Druck ist keine Zukunftsmusik, sondern er ist bereits in Anfängen im Alltag angekommen. Was jetzt folgt, ist die Optimierung und die Verbreitung in immer mehr Lebensbereiche. Ähnlich wie bei Computern, die erst groß und klobig waren, aber jetzt in jedem Haushalt zu finden sind.


Zwei konkrete Beispiele, die ich erst nach dem Fertigstellen des Artikels entdeckt habe:

  1. Beatmungsgeräte und -masken im 3D-Druck

„Beatmungsgeräte und Atemmasken aus dem 3D-Drucker sollen bei künftigen Corona-Notlagen Leben retten.“ Und ein paar Absätze weiter: „Die digitalen Blaupausen für Beatmungsgeräte, Masken und Handbuch sollen Regierungen und Partnern in aller Welt zur Verfügung gestellt werden.“

Quelle: https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/corona-technik-beatmungsgeraete-und-masken-im-3d-druck-9131336

 

  1. Elektro-Autos aus dem 3D-Drucker

Ein vielversprechendes Beispiel für den Einsatz dieser Technologie kommt aktuell aus Italien, wo der Autobauer XEV für seinen Mini-Stromer YOYO allein in Europa inzwischen 30.000 Vorbestellungen verbuchen kann … Die Produktion verläuft laut einem Bericht von 3Dprint.com bisher reibungslos, weshalb die ersten 30.000 Bestellungen wohl auch nach Zeitplan ausgeliefert werden können.

Quelle: https://efahrer.chip.de/news/schon-30000-bestellungen-italiener-bauen-billig-elektroauto-aus-dem-3d-drucker_102774

Bildinformation: Rob Wingate, unsplash